Dagestan – Land über den Wolken (360° - GEO Reportage)
Siebenmal wurde König Salomo begraben und von Engeln immer wieder umgebettet. Seine letzte Ruhestätte, so die Legende, soll er in der südrussischen Teilrepublik Dagestan gefunden haben. Auf dem Şalbuz-dağ, einem über Meter hohen Berg, der allen Dagestanern seither als heilig gilt – Christen, Juden und Muslimen, die den König aus dem alten Testament gleichermaßen verehren. Der Weg nach oben, so glauben sie, reinige den Menschen vom Bösen. „360° - Die GEO-Reportage“ hat sich zusammen mit einer kleinen Gruppe auf den Weg zum Gipfel gemacht und erlebt, wie Menschen unterschiedlicher Religion Differenzen und Meinungsverschiedenheiten überwinden können, wenn sie ein gemeinsames Ziel haben.
Ein Film von Elke Windisch
© 2004, Lizenz MedienKontor / ARTE
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Pressetext:
Im nordkaukasischen Dagestan, dem Land der Berge, liegt das höchste Dorf Europas. Wo Menschen anderswo den Staub aus der guten Stube kehren, sind es hier die Wolken. Knapp 800 Seelen fühlen sich momentan noch stark genug für ein Leben in dieser Höhe und Abgeschiedenheit. Gegenüber dem Dorf liegt der Berg Şalbuz-dağ – der König des Eises. Seit grauen Vorzeiten heilig, ist er bis heute ein Wallfahrtsort. Auch Ashab Magomadow möchte den Berg bezwingen. Er ist Direktor einer Dorfschule und seit zwanzig Jahren begeisterter Bergsteiger. Wenn er zusammen mit einigen Freunden will den Şalbuz-dağ erklimmt, erfüllt er sich damit einen Herzenswunsch. Er wie auch seine Begleiter stammen aus verschiedenen Dörfern der Region, und jeder hat seinen eigenen Grund für den Aufstieg. Vorbei am höchsten Dorf Europas führt ihr Weg, dann beginnen sie ihr beschwerliches Unterfangen: Die Bergkuppe ist selbst im August noch mit Schnee bedeckt, urplötzlich verhindern dichte Nebel die Sicht. Rechts steigt der Fels über 100 Meter senkrecht empor, links lauert ein ebenso steiler Abgrund. In der dünnen Höhenluft kommen die Männer nur langsam voran. Die erste Nacht verbringen sie in einer Moschee auf der Hälfte des Weges. Dort rasten alle Pilger – ob Moslems, Juden oder Christen. Sie bekommen eine warme Mahlzeit und ein Nachtlager. Am nächsten Morgen beginnt der härteste Teil des Aufstiegs. Den Weg nach oben markieren kleine Pyramiden aus aufgeschichteten Steinen. Die größten sind etwa einen Meter hoch. Pilger haben mit ihrem Bau vor Jahrhunderten begonnen, jeder, der vorbeikommt, fügt einen neuen Stein. Dann verschwinden auch die letzten Grasflecken und die Felslandschaft wird immer zerklüfteter. Schneefelder sind zu überwinden, bis der Heilige See vor den Pilgern liegt, kristallklar und von Gletschern gespeist. Zuvor lauert jedoch die schwierigste Prüfung auf Ashab Magomadow und seine Begleiter: Wer zu viele Sünden hat, kann sich nicht durch den Spalt im Felsen zwängen, der den Weg zum Gipfel versperrt. Wer es schafft, darf sich an dem Grab des Salomo ausruhen und den Blick genießen. „Ich sehe die Welt von dieser Höhe aus schon jetzt mit anderen Augen“, sagt Ashab Magomadow.