„Angst vor Wähler“: Politik-Insider erklärt, warum in der Ampel niemand die Reißleine zieht
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Grünen-Chef Omid Nouripour nennt die Ampel eine Übergangskoalition und offenbart damit, dass er selbst nicht mehr an eine erfolgreiche Zusammenarbeit des einstigen Fortschrittsbündnisses glaubt. Doch obwohl die Regierungsparteien den Ernst der Lage erkannt haben, zieht bislang keiner die Reißleine. Die Antwort ist vermutlich einfacher als man denkt.
„Weil im Moment natürlich alle Angst haben vor dem Wähler“, konstatiert Verleger und Politik-Experte Wolfram Weimer im Interview mit FOCUS online. „Vor allem Grüne und Sozialdemokraten wissen, dass es für sie das schlimmste Ergebnis seit vielen Jahren, bei der SPD wahrscheinlich in der Geschichte dieser Republik wird, wenn sie jetzt in Neuwahlen gehen“.
Die SPD bewege sich bei insgesamt auf 14 Prozent zu, im Osten sogar in Richtung Fünf-Prozent-Hürde. Damit verliere sie ihre Rolle als Volkspartei. Dies sei eine dramatische Veränderung. „Aus Angst davor, dass man dem Wähler sozusagen jetzt die Gestaltungsstimme überlässt, hält man lieber durch und klammert sich an die Macht.“
Weimer vermutet jedoch, dass die FDP derzeit einen „Exit-Moment“ sucht, der nach einem prophezeiten Debakel bei den bevorstehenden Landtagswahlen ihn Sachsen und Thüringen kommen könnte. In der Fraktion gelte „ein Satz, der wohl einvernehmlich von der Parteispitze akzeptiert ist. Und der lautet: Wir werden mit dieser Ampel nicht in die Bundestagswahl gehen. Das heißt, sie suchen einen Ausstiegspunkt.“ Es sei eine Ironie der Geschichte, dass FDP-Chef Christian Lindner ein Satz aus der Vergangenheit wieder einhole. Als der jetzige Finanzminister 20xx die Jamaika-Verhandlungen hatte platzen lassen, betonte er, lieber nicht regieren als schlecht regieren zu wollen. Dies könne auch jetzt wieder gelten.
„Die FDP ist immer für eine Überraschung gut“, ist Weimer überzeugt. Sollten die Liberalen bei den Landtagswahlen aus den Parlamenten fallen, könnte demnach die Schmerzgrenze erreicht sein. Die FDP könnte dann sagen: „Wir haben verstanden. Wir gehen auf den Wählerwillen zu und wollen auch im Bund Neuwahlen.“ Eigentlich würde man diesen Schritt von Olaf Scholz erwarten. Es sei jedoch fraglich, ob der Kanzler diese Kraft aufbringe. Wenn die Regierenden wie beispielsweise der Grünen-Co-Vorsitzende Nouripour offen darüber sprechen, dass die Regierung zu keiner Aktion mehr fähig sei, „dann sollten sie Deutschland erlösen und nicht noch zwölf Monate eine Agonie organisieren“. Denn dann steige Deutschland immer weiter ab.
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